Ich mache mir mal eben ein Bild

Bewertung von Anfragen via Video – Die Schweizerische Post bewertet Kundenanfragen mittlerweile mittels Live Video und führt so zu einer höheren Kundenzufriedenheit.
Foto: Bewertung von Anfragen via Video – Die Schweizerische Post bewertet Kundenanfragen mittlerweile mittels Live Video und führt so zu einer höheren Kundenzufriedenheit.

Die Corona-Pandemie hat nicht nur das Konsumverhalten stark virtualisiert, sondern auch Kundeninteraktionen in Vertrieb und Service fast durchgehend auf Online-Plattformen gehoben. Ob in der Kundenberatung bei Neuanschaffungen, bei der Behebung von Störungen oder beim Kundendienst – die Einschätzung der Situation vor Ort und eine korrespondierend zielgerichtete Beratung oder auch Anleitung zur Problemlösung sind essenziell für ein gutes Produkterlebnis und eine hohe Kundenbindung durch ein effizientes Störungsmanagement und Servicedienstleistung. Eine neue digitale Technologie unterstützt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in zahlreichen Industriesparten in solchen Situationen und nutzt das Smartphone als mobilen Sensor – so wie z.B. bei der Schweizerischen Post AG, der Evonik Industries AG, der RheinEnergie, dem Haushaltsgerätehersteller V-Zug AG.

(Pascal Suri, Schweizerische Post und Prof. Dr. Günter Huhle, COREVAS GmbH & Co. KG)

Die Kundenkommunikation ist insbesondere aufgrund der Herausforderungen, die die Corona-Pandemie mit sich brachte, vor besondere Aufgaben gestellt. Nicht nur das Kaufverhalten der Bevölkerung, sondern auch die Anforderungen an den Kundendienst und an Serviceeinrichtungen sind zunehmend durch den Wunsch auf kontaktloser Interaktion geprägt. Dies wurde eindrücklich auch durch die enormen Wertzuwächse reiner Onlineportale demonstriert.

Beginnend bei einer einfachen Farbberatung für eine Renovierung, die nachweislich während der Lock-Down Phasen sehr beliebt waren, über einem tropfenden Wasseranschluss bis hin zu einem eventuellen Leck in einer Gasleitung oder sogar einem medizinischen Notfall. In allen Fällen startete die Interaktion zwischen dem Kunden und dem Unternehmen mit einem Telefongespräch, nachweislich in mehr als 65% mit einem Smartphone. Es liegt in diesen Gesprächen der primäre Fokus auf der Schilderung der Situation vor Ort und des Kundenwunsches, gefolgt von der Beratung bis hin zur Lösung der Situation, dem Einkauf oder der Wiederherstellung der Kundenversorgung mit den Produkten des Unternehmens. In der Vergangenheit verließen sich die Servicemitarbeiter in diesen Fällen auf eine strukturierte Abfrage, um sich ein genaues Lagebild zu verscha!en, oder empfohlen dem Kunden einen Besuch des Unternehmens für eine zielgerichtete Beratung. Dabei standen sie oftmals vor der Herausforderung, die sehr subjektiven und daraus resultierend sehr unterschiedlichen Kundenbeschreibungen ähnlicher Situationen adäquat einzuschätzen. Während einerseits Kontaktbeschränkungen der Corona-Phase das persönliche Kundengespräch unterbanden, stiegen parallel die Online-Beratungen. So haben im medizinischen Bereich u.a. die Videosprechstunden massiv zugenommen und Arztpraxen als auch Patienten haben sich beiderseits mit der notwendigen Technologie bzw. APPs ausgestattet.

Im normalen Konsumgütergeschäft und im Kundendienst ist es allerdings der Bevölkerung nicht zuzumuten, für jeden Anbieter eine eigene Applikation anzuschaffen. Seit rund einem Jahr unterstützt die Unternehmen nun die EmergencyEye-Technologie (kurz EmEye-T), eine Software des Start-Up-Unternehmens COREVAS aus Grevenbroich in der unkomplizierten Live-Video Interaktion mit Ihren Kunden. Und dies funktioniert ganz ohne eine Vorinstallation von APPs oder sonstiger spezifischer Technologie auf allen Smartphones, aller Anbieter. Die Anwendung erlaubt es dem Servicedienstleister, den Anrufern einen Link per SMS zu senden, um bei Bedarf Informationen von deren Smartphone abzurufen oder weitere Funktionen nach Zustimmung zu aktivieren. Beispielsweise kann eine Live-Video-Verbindung hergestellt und eine Fotodokumentation zum weiteren Versand des Bildmaterials aktiviert werden. Außerdem helfen eine Chatfunktion und ein interaktiver Cursor bei der zielgerichteten Anleitung. Die gesammelten Informationen, inklusive aller getätigten Aktionen stehen dem Servicedienstleister nach dem Kundengespräch zum Download als Report zur Dokumentation als auch zu Qualitätsmanagementzwecken zur Verfügung.

Durch die verwendete WebRTC-Technologie und das Verzichten auf eine App kann jedes handelsübliche Smartphone mit einer Datenverbindung von mindestens 3G angesteuert werden. Eine Vorinstallation von Applikationen seitens des Anrufers ist nicht notwendig. Das System unterstützt die Betriebssysteme (iOS / Android) der neueren Generation und kann unabhängig vom Mobilfunknetzbetreiber im In- und Ausland genutzt werden. Diese neuartige Technologie macht so jedes Smartphone zu einem mobilen Helfer der Servicedienstleister. Zwar werden alle Funktionen von dem Servicedienstleister gesteuert, aber weil der Anrufer immer die Wahl hat, ob er Zugriff gewährt oder nicht, bleiben Cybersicherheit und der Schutz der Privatsphäre gewahrt.

Remote Video-Support im Einsatz

Großchemie, Logistikunternehmen, Kundendienst und Energiekonzerne, allen ist gemeinsam, dass sie sowohl mit B2B Kunden als auch mit Endverbrauchern interagieren und hierzu zum Teil komplexe Kommunikationsplattformen zur zielgerichteten Kommunikation nutzen. Die wichtigste und schwierigste Aufgabe zu Beginn der Kommunikation ist es, Dringlichkeit zu erkennen als auch den Kundenwunsch festzustellen. Hier hilft der Blick des Servicedienstleisters durch die Kamera des Kunden. So kommt der Mitarbeiter zu einer präziseren Lageeinschätzung und kann dem Kunden lösungsorientiert helfen. Zum Einsatz kommt diese Technologie seit mehreren Jahren in der Kritischen Infrastruktur beim Notrufmanagement und bei Energiekonzernen, bei denen die Disponenten sich so die Größe und Auswirkung des Vorfalles anschauen konnten und direkt zur Selbsthilfe anleiten können. Da der Servicedienstleister darüber hinaus viel früher als bisher ein Bild der Gesamtsituation der Situation erhält, erkennt er schneller, ob weitere Ressourcen vor Ort benötigt werden und sichert so eine hohe Ressourceneffizienz bei einer gleichzeitig höheren Versorgungsdichte. Viele Anwender nutzen diese Software auch im Rahmen von Bauüberwachungen und Planungsaufgaben. Die Möglichkeit, sich bei einer Baumaßnahme oder einer Wartung einer technischen Anlage schnell und unkompliziert die Unterstützung eines technischen Experten einholen zu können, ohne dass dieser aufwändig vor Ort fahren muss, trägt dazu bei, Bau- und Instandhaltungszeiten zu verkürzen.

Die Schweizerische Post setzte den remote Video-Support bereits seit 2019 erfolgreich im Kundendienst im Beschwerdemanagement ein. So können beschädigte Pakete ortsunabhängig visuell begutachtet werden und Kunden erhalten so einen raschen Ersatz. Dies kommt auch dem Umweltschutz zu Gute, denn durch EmEye-T werden unnötige Anfahrten zur Begutachtung von Sachverhalten absolet. V-Zug AG, einer der innovativsten Haushaltsgeräte-Hersteller mit Sitz in Zug in der Schweiz, setzt in der technischen Beratung und bei Kundenanfragen auf die Möglichkeit, in der Problemanalyse und -lösung auf Handykameras ihrer Kunden zuzugreifen und so schneller Lösungen herbeizuführen.

Fazit

Die Corona-Pandemie hat unser Verhalten im Service-, Krisen- und Dienstleistungsgespräch grundlegend verändert. Aus dem »kommen Sie doch bitte bei uns vorbei« oder »wir kommen vorbei« wurde ein »ich mach mir mal ein Bild« und »ich dokumentiere die Situation«, so dass zum einen eine kontaktfreie aber zielführende Kommunikation gefördert wurde und zum anderen die Ressourceneffizienz und das Kundenerlebnis gesteigert werden konnte. Diese Entwicklung wird auch nach der Corona-Pandemie sicher fortbestehen, so dass derzeit zahlreiche Unternehmen Technologien wie EmEye-T in Ihren Service-Alltag einbauen. Ursprünglich für den Notruf entwickelt findet sie nun während der Corona-Pandemie ihren Einsatz in der Industrie und steigert dort neben der Kundenzufriedenheit und Sicherheit, auch die Resilienz der Unternehmen.

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